Erste Gruesse aus Indien!

Donnerstag, 03.09.2015

Liebe Leute,

Ich bin jetzt schon seit über einem Monat in Indien und habe endlich eine Möglichkeit gefunden, hier einen Eintrag zu verfassen. In meinem ersten Blogeintrag werde ich nun die häufigsten Fragen beantworten, die mir seitdem immer und immer wieder gestellt werden.

 

Lebst du noch???

Jaaa und es geht mir gut! Ich bin insgesamt sehr zufrieden und freue mich, hier zu sein. :-)

 

Was hast du bis jetzt gemacht?

Am 1. August bin ich mit noch etwa 50 weiteren Freiwilligen von Frankfurt aus nach Bangalore geflogen und um ca. 3 Uhr nachts von Mitarbeitern der indischen Partnerorganisation FSL abgeholt und in das FSL Guest House gebracht worden, wo wir den Rest unserer ersten Nacht in Indien verbrachten. Dort schliefen wir teils ohne Decke auf Matten auf einer Terrasse unter einem eingeschalteten Ventilator; es war eine ziemlich kalte Nacht. ;-)

Wir hatten einen halben Tag Zeit, die Umgebung zu erkunden, bis wir dann mit dem Nachtzug nach Kundapur weiterfuhren. Die Fahrt dauert 15 Stunden, man schläft und isst im Zug, was durchaus gut möglich ist, auch wenn man ständig von „Chai, chai, chai“- rufenden, durch den Zug laufenden Verkäufern geweckt wird. Am nächsten Morgen fing es außerdem heftig an, ins Abteil zu regnen (hier ist gerade Monsunzeit), wodurch wir und unser Gepäck ziemlich nass wurden. Auch das war letztendlich nicht schlimm, denn nass wird man hier so oder so, es lässt sich kaum vermeiden.

Etwas außerhalb von Kundapur befindet sich das FSL Training Center, in dem wir die folgende Woche ein Orientierungsseminar hatten. Dabei wurden uns verschiedene Vorträge über alle möglichen Themen gehalten, die für unseren Aufenthalt relevant sein könnten. Wir erfuhren viel über die indische Kultur, das Alltagsleben, die Religion usw. Außerdem bekamen wir genauere Informationen über das Projekt und die Gastfamilie bzw. Unterkunft. Wir wurden auch auf unsere Projektarbeit vorbereitet und ich musste, zusammen mit ein paar anderen, 3 Unterrichtsstunden vorbereiten und an einer Grundschule in der Nähe des Training Centers halten.

Insgesamt hat es das Trainings Center uns möglich gemacht, uns langsam an indische Verhältnisse zu gewöhnen, wie mit den Fingern (der rechten Hand) zu essen, kalt zu duschen, Klamotten mit der Hand zu waschen, vor Betreten jedes Raums die Schuhe auszuziehen, ohne Klopapier auszukommen etc. Ich habe mich in dieser Woche auch halbwegs an den Akzent und die spezielle englische Grammatik gewöhnt, so dass mich ein „hischtirry“ nicht mehr schocken kann. ;-)

Am vorletzten Tag, machten wir einen Ausflug zu den Jog Falls (berühmte Wasserfälle, vor allem während der Regenzeit sind es mit die größten in Indien). Dort wurde ich von einer indischen Familie angesprochen, die unbedingt wollte, dass ich mich mit ihnen fotografieren lasse, was mir umso verrückter vorkommt, seit ich weiß, dass die meisten Inder keinen Fotoapparat besitzen und dementsprechend wenig Fotos im Haus hängen haben. Auf einem der vermutlich sehr wenigen bin ich jetzt also mit drauf. :D

 

Affen laufen auch in den Staedten frei rum

Am Sonntag, den 9. August bin ich in die Gastfamilie gefahren, die etwa 1 ½ Stunden mit dem Bus vom Training Center entfernt ist. Dass ich an dem Tag gehen sollte, hat mir meine FSL-Koordinatorin übrigens typisch Indian Style eine Stunde vor geplanter Abreise gesagt......auf Nachfrage!! Zum Glück bin ich einigermaßen schnell im Packen. :D

 

Wo bist du überhaupt?

Ich wohne und arbeite in Heskathur, einem sehr kleinen Dörfchen im Udupi District im südindischen Bundesstaat Karnataka. Die nächstgrößere Stadt ist Kundapur und liegt direkt an der Westküste. Die Amtssprache Karnatakas ist Kannada, die man auch sprechen können sollte, wenn man hier länger bleibt, denn darauf, mit Englisch auszukommen kann man sich nicht verlassen. Ich gebe mir jedenfalls Mühe.....und kann auch schon 15 der 49 Buchstaben der Schrift. :-)

Heskathur ist landschaftlich eigentlich nicht zu ueberbieten ;)

 

Wie bist du untergebracht?

Ich lebe in einer Gastfamilie, mit einem Gastvater, einer Gastmutter, zwei Gastbrüdern (13 und 15) und einer Gastschwester (10). Sie sind sehr nett und sprechen, bis auf die Gastmutter, einigermaßen gut Englisch, es reicht jedenfalls zur alltäglichen Verständigung. Vor mir hat die Familie schon zwei Freiwillige aufgenommen und nachdem, was ich gehört habe, waren die auch sehr zufrieden hier.

Das Haus ist für europäische Verhältnisse ziemlich bescheiden, aber vollkommen ausreichend und ich kann nicht sagen, dass mir in der Hinsicht irgendetwas fehlt. Es gibt kein fließendes Wasser im Haus; das Wasser zum Waschen kommt aus dem Brunnen ein paar Gärten weiter, Geschirr wird ganz simpel mit Regenwasser abgespült, davon gibt es gerade genug. ;-) Das Wasser zum Duschen wird in einer Tonne über Feuer erhitzt, einen Duschkopf gibt es allerdings nicht, dafür einen Becher, mit dem man sich übergießen kann. Die Handbrause, mit denen die Toiletten im Training Center ausgestattet waren, sind schon echter Luxus, hier gibt es jedenfalls auch nur einen Becher. Eine funktionierende Klospülung gibt es natürlich nicht, aber auch das stellt kein größeres Problem dar, solange nur genug Brunnenwasser vorhanden ist. Meine Kleider wasche ich auf einem Waschstein im Garten, was genauso wenig problematisch ist. Der Strom fällt ständig aus, mindestens eine Stunde am Tag, aber letzte Woche hatten wir auch mal für zwei Tage keinen Strom. Solche Power Cuts betreffen dann gleich die ganze Region und führen in der Regel dazu, dass wir eine Stunde früher ins Bett gehen, weil der Fernseher nicht läuft.

Das Haus hat 4 Zimmer, ein Badezimmer und ein Küche. Es gibt, neben meinem, ein Wohnzimmer, ein Durchgangszimmer und ein Schlafzimmer. Die Familie hält sich fast durchgehend im Wohnzimmer auf, wo meine drei Gastgeschwister nachts auf Matten schlafen (auch das ist wesentlich weniger schlimm, als es sich anhört, sie sitzen und essen auch lieber auf dem Boden, obwohl es Stühle und ein Sofa gibt). Ich habe ein eigenes Zimmer, das ich mir mit Spinnen, Fliegen, Moskitos, Geckos und Riesenkakerlaken teile (aber no problem, man gewöhnt sich an alles und das ziemlich schnell).

 

Außerdem hat meine Gastfamilie drei Kühe, mehrere Hähne (die mich freundlicherweise jeden Morgen um halb sechs wecken) ein paar Hennen und einen ununterbrochen kläffenden Hund (wir zwei haben uns noch nicht so angefreundet, muss ich sagen). In der Umgebung gibt es jede Menge andere Kühe, Straßenhunde, Hühner und Katzen.

Wie die meisten Bewohner in Heskathur ist die Familie streng hinduistisch. Das heißt, sie feiern alle möglichen hinduistischen Anlässe und halten sich an bestimmte Regeln. Gebetet wird in einem Raum, der mit Bildern von Gottheiten ausgestattet und mit Blumen und anderen Gegenständen geschmückt ist und den ich als Frau unter gewissen Umständen nicht betreten darf.

Zum Essen gibt es entweder Reis oder Reis, aber zwischendurch auch Reis und manchmal Reis. Unterschieden wird zwischen braunem Reis (healthy rice, very healthy) und weißem Reis (wahrscheinlich nicht so healthy, gibt es aber in der Schule und am Wochenende). Dazu gibt es Sause (da ist halt irgendwas drin, fragt nicht) und manchmal Chapati (so Fladenbrot, das ich schon deshalb liebe, weil es keinen Reis enthält). Gelegentlich gibt es zum Frühstück, das hier in der Regel nicht süß ist, Dosa (Reispfannkuchen) oder Idli (Reisgebäck mit schwammartiger Konsistenz). Egal, was es gibt, davon gibt es dann jedenfalls reichlich. Die Teller könnten kaum voller sein und mir wird trotzdem ständig nachgegeben. Ich brauche meistens eine dreiviertel Stunde länger zum Essen als alle anderen, was irgendwie jeder außer mir lustig findet. Zwischendurch gibt es immer Chai oder Milch von der eigenen Kuh (beides reichlich gezuckert, aber ich freue mich jedes Mal darüber :D ).

 

Chai im typischen Metallbecher

 

Zum Projekt...

Ich arbeite in der Governmental Higher Primary School Heskathur, die etwa 5 Minuten zu Fuß von meinem Zuhause entfernt ist. Dort unterrichte ich die Klassen 4 bis 7. Einen Lehrplan, an den ich mich halten muss, gibt es nicht, das heißt, ich bin in der Unterrichtsgestaltung ziemlich frei, die einzige Bedingung ist, dass die Schüler mit mir Englisch sprechen. Die Lehrer sind alle sehr freundlich und hilfsbereit, aber nur zwei der sieben sprechen gutes Englisch.

Regelmäßig finden irgendwelche Veranstaltungen statt, für die der Unterricht, manchmal auch ein ganzer Schultag ausfällt. Am 15. August war Independance Day. Dafür haben die Kinder die ganze Woche vorher tanzen, singen und Gedichte geübt. Am Tag selber war alles und jeder sehr patriotisch geschmückt, die Eltern sind gekommen und alle Lehrer (inklusive mir) haben Reden gehalten. In der Woche danach war ein Competition, danach ein Cooking Day (dabei wurde auch eine Stelle auf dem Schulhof, die bald bebaut wird, hinduistisch eingeweiht) und diese Woche ein Cabbaditurnier in der High School nebenan (Cabbadi ist etwa so beliebt wie Fussball hier). Eine Woche ohne besonderes Ereignis ist wohl auch eine verlorene Woche; bin gespannt, was noch so kommt. ;-)

Meine westliche Kleidung (Jeans und T-Shirt) ist nicht schulgerecht und ich musste mich gleich am ersten Tag mit indischen Klamotten eindecken, bestehend aus Leggins mit langem Oberteil und Schal, der mit den Enden nach hinten über die Schultern gelegt wird. Sari ginge auch, bisher habe ich aber noch keinen anprobiert. Die Kleider sind schön bunt, ansonsten finde ich sie aber eher unpraktisch (die Hose muss die Knöchel überdecken und ist deswegen zu lang, der Schal ist schlichtweg zu warm).

 

 

Wie ist die Zeitverschiebung?

Die Zeitverschiebung betraegt 3 ½ Stunden, zur deutschen Winterzeit 4 ½ Stunden.

 

Wie ist das Klima?

Von Juni bis September ist hier Regenzeit, dann regnet es meist mehrmals am Tag und zwar ziemlich stark (in manchen Gebäuden kann man sich nicht unterhalten, während es regnet, weil es dann so laut ist). Es regnet aber schon wesentlich weniger, als noch vor einem Monat. Die Temperaturen halten sich bei etwa 30°. Die Luftfeuchtigkeit ist ziemlich hoch, meine Kleider brauchen mindestens 2 Tage zum Trocknen, trotz der Temperaturen.

 

Sind da noch andere Freiwillige?

Ich bin die einzige Freiwillige in Heskathur, aber 3 km weiter, im Nachbardorf Nooji ist auch jemand. Ansonsten sind noch 3 Freiwillige in der Umgebung von Kundapur und drei in der Umgebung von Udupi. Um sie zu sehen muss ich etwa eine Stunde mit dem Bus fahren, was deswegen auch nur am Wochenende geht. Die letzten zwei Wochenenden haben wir uns immer getroffen und einige der vielen Strände hier erkundet. Dieses Wochenende fahren ein paar von uns nach Mysore, wo wir auch noch andere Freiwillige treffen werden.

 

 

Ich hoffe, dass war fürs Erste genug an Informationen. Meine Möglichkeiten hier sind begrenzt, was das Internet angeht, aber ich versuche sobald wie möglich wieder zu schreiben. :-) Und bitte schickt mir keine Videos oder Videonachrichten mehr!! Abgesehen davon, dass der Empfang miserabel ist und es ewig dauert, bis das lädt, verbraucht es auch relativ viel Internet und da es hier kein WLAN gibt, muss ich das selbst bezahlen! Ansonsten freue ich mich natürlich über Nachrichten aus der Heimat. ;-)

 

Liebe Gruesse!!

Daria